myTischtennis Premium-Account und der „Zwang des Kommerz“
Das Tischtennisportal myTischtennis hat jährlich mehr Zugriffe. Dies liegt zum einen an den vielen informativen Artikeln rund um das Thema Tischtennis, aber noch vielmehr an der Tatsache, dass mittlerweile fast alle Tischtennis Verbände das Ergebniserfassungssystem click-tt eingeführt haben. Denn das Portal wertet die aktuellen Ergebnisse aus und teilt jedem Spieler den aktuellen TTR-Wert zu. Die letzte große Konkurrenz stellte TT-Info dar, welches mit dem Ende der Saison 2015/2016 eingestellt wurde.
Sehen kann man den aktuellen Wert allerdings nur, wenn eine Premium-Mitgliedschaft mit myTischtennis abgeschlossen wurde. Nach einer 3-monatigen Testphase muss anschließend 12€ pro Jahr gezahlt werden, um die Premium-Features weiterhin nutzen zu können. Ansonsten wird einem lediglich der QTTR Wert mitgeteilt.
Die Finanzierung des Dienstes läuft daher zum einen durch die Landesverbände, welche wiederrum die Kosten zur Hälfte den Vereinen übertragen. Zum anderen durch die Premium-Accounts, dessen Betrag zu 50% wieder an den Landesverband des jeweiligen Abonnenten ausgeschüttet wird.
Im Endeffekt zahlt dadurch jeder Spieler mit einem solchen Premium-Account indirekt eine weitere Abgabe an den Verband.
Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter über das Finanzierungsmodell von myTischtennis schreiben. Es hat zur Einführung lediglich für ein wenig Aufregung gesorgt, warum es überhaupt einen kostenpflichtigen Premium Service gibt. Darüber kann man streiten. Ich möchte lieber zu einem kontroverseren Ereignis springen.
Bereits im Jahr 2011, also schon einige Zeit her, machte eine Statistikfunktion auf der Homepage des TSV Gomaringen in ganz Deutschland auf sich aufmerksam. Mit diesem war es möglich, auf Abruf seine persönlichen Ergebnisse von click-tt zu übertragen und in sehr vielen anschaulichen und informativen Statistiken zu betrachten.
Im Gegensatz zu myTischtennis war dieses Tool vollkommen kostenlos. Nach der Meiung vieler User übertraf es auch die Funktionalität der kostenpflichtigen Lösung. Programmiert wurde das Tool durch Tim Digel, einem damals 22-jährigen Spieler des TSV Gomaringen.
Weniger später flatterte dem Verein eine Unterlassungserklärung seitens des Tischtennisverbandes Würtemberg Hohenzollern ins Haus. Es war klar, dass eine Institution im Hintergrund Druck gemacht hatte. Es muss an dieser halt auch genagt haben, dass die Seite eines 22-jährigen Programmiers besseren Anklang gefunden hat, als die eigene kommerzielle Seite. Zumindest damals wurde myTischtennis allgemein sehr kritisch betrachtet.
Der Zwang des Kommerz
Im Angesicht der Verpflichtung gegenüber den ca. 1100 Vereinsangehörigen und dem Gesamtverein, wurde unter Druck eine Unterlassungserklärung unterzeichnet. Denn ein langwieriger, kostenpflichtiger Rechtsstreit mit einem ungewissen Ausgang wäre für den Gesamtverein unzumutbar gewesen.
Dass die klagende Partei im Recht gewesen wäre, darf stark bezweifelt werden. Spielergebnisse sind laut dem Urhebergesetz nicht geschützt, da diese zufällig entstehen und nicht kreiiert oder erfunden werden. Das Datenbankenherstellerrecht greift für diesen Fall auch nicht, da nur einzelne Ergebnisse von Einzelpersonen ausgelesen werden, die nur einen unwesentlichen Teil des Ganzen ausmachen.
Hinzu kommt ja auch noch, dass die Daten von den Spielern selbst erstellt werden und nur von dem System click-tt gesammelt werden.
Offen gesagt wurde hier ein Verein eingeschüchtert. Und eine kommerzielle Entscheidung gefällt, die über das Recht und den moralischen Umgang hinaus gehen. Klar, myTischtennis beschäftigt einige Angestellte und muss Sorge dafür tragen, dass das Unternehmen schwarze Zahlen schreibt, was vor allem am Anfang nach der Gründung nicht der Fall war. Aber ob das die rigorose Vorgehensweise mit Hilfe des Verbandes und einer Unterlassungsklage wirklich gebraucht hätte? Bildet euch eine eigene Meinung.
Als Quelle und weiterführende Lektüre: Der Zwang des Kommerz – Wie Verbände mit ihren Vereinen umspringen