Höher, schneller, weiter. Der Olympische Gedanke nach immer noch besseren Spitzenleistungen hat längst Einzug gehalten in unsere Leistungsgesellschaft. Dieses Prinzip macht auch vor der Tischtennisbranche keinen Halt.
Fragt euch selbst mal, ob ihr jemals nach einem Belag gesucht habt, der euch weniger bietet als sein Vorgänger. Ok, manche von euch sind vernünftig und nehmen nicht die schnellsten, spinnigsten Beläge, sondern suchen auch nach etwas kontrollierbarem.
Doch lest mal unter diesem Aspekt in den Tischtennisforen oder unterhaltet euch mit Mitspielern. Die aller meisten möchten mehr von allem haben. Am besten einen Belag mit dem meisten Spin, dem höchsten Tempo, dem größtmöglichen Katapult, der nur dann einsetzt, wenn dieser nicht stört, und natürlich eine absolute Kontrolle. Die Tischtennisindustrie hat sich alle Mühe gegeben, diese Anforderungen zumindest in der Werbeprosa zu erfüllen.
Von Grenzen und Regelanpassungen
Doch die Grenzen des physikalisch Machbaren innerhalb der Reglementierungen der ITTF scheinen ausgeschöpft. Nach dem Frischklebeverbot jagte eine Neuheit die nächste auf dem Belagmarkt. Doch ehrlich gesagt dominiert Anno 2017 immer noch eine Belagneuheit aus dem Jahr 2008 den Profisport.
Es gibt zwar immer wieder Beläge und Belagserien, die seitdem überzeugen konnten, aber wenn wir mal ehrlich sind, konnte das Maximum an Rotation und Geschwindigkeit nicht mehr übertroffen werden.
Hinzu kommen auch Anpassungen im Reglement. Seit 2014 fest vorgeschrieben im Profisport und ab 2019 ebenso im Breitensport endgültig eingeführt, werden die Plastikbälle das Spiel nachhaltig verändern. Da es noch keine Antwort gibt, den verloren gehenden Spin auszugleichen, und ich gehe davon aus, dass es keine geben wird, bleibt die Frage, welche Möglichkeiten ansonsten bestehen, das Spiel durch den Materialsektor zu revolutionieren.
Eine Lösung könnte die Mittelmäßigkeit sein
Die Tischtennismarken haben in den vergangenen Monaten eine ganz andere Art von Tischtennisbelägen herausgebracht. Beläge mit reduziertem FKE (Frischklebeeffekt). Den Donic Desto F4, Donic Blues T1, andro GTT 45 und andro GTT 40 habe ich schon getestet. Der Xiom Vega Intro, Joola Axxess und TSP Ventus Basic folgen noch.
Vorteile von Belägen mit reduziertem FKE
Die Tensortechnologie und ähnliche Herangehensweisen setzen den Tischtennisbelag förmlich unter Spannung. Das Resultat ist mehr Rotation und Geschwindigkeit, als mit normalen Belägen.
Doch dies geht zu Lasten der Ballkontrolle. Der einsetzende Katapulteffekt ist eine Art Eigenleben des Belags, den man erst einmal beherrschen muss. Wird aber der FKE reduziert, wirkt sich das reduzierte Tempo wiederum positiv auf die Kontrollierbarkeit des Belags aus.
Häufig müssen Spieler auf sehr weiche Beläge ausweichen, um mit dem hohen Tempo der FKE Beläge klar zu kommen. Jedoch haben weiche Beläge große Nachteile im Offensiven Spiel, wenn es um die Schlaghärte und Präzision geht. Die neuen langsamen Tensoren, besonders die etwas härteren, haben dieses Problem nicht.
Ebenso kann im Bezug auf den Plastikball ein großer Vorteil ausgemacht werden. Die Ballwechsel werden mit dem Polyball länger. Die Gefährlichkeit von Rotation spielt eine geringere Rolle. Habe ich nun einen kontrollierbaren und langsamen Belag, der mir in diesen Ralley´s die nötige Sicherheit verleiht, komme ich zu mehr Punkten.
Ein weiterer Vorteil ist der Preis. Selbst klassische Beläge sind teuerer als die neuen Leichtspieltensoren. Damit könnten diese den Klassikern eine große Konkurrenz bieten. Die Tischtennisspieler werden womöglich schneller auf die Tensoren umsteigen, wenn es sich auch preislich lohnt. Das Risiko ist geringer, mit dem Belag nicht zurecht zu kommen, da die Kontrolle immer noch extrem gut ist.
Ich kann mir zudem vorstellen, dass die weichen, langsamen Einsteigertensoren wie Donic Desto F4 oder TSP Ventus Basic zusammen mit den Klassikern sogar für Tischtennisanfänger eine Option sind, wenn ein gewisses Talent vorhanden ist.
JOOLA AXXESS
Fazit zur Entdeckung der Mittelmäßigkeit
Es findet ein Umdenken statt. Momentan sind die Grenzen des Machbaren erreicht. Aber generell ist diese Tensorgeneration mit reduziertem FKE für viele Spieler empfehlenswert. Denn die meisten haben sowieso viel zu schnelles Material. Und angesichts des Plastikballs kann nun krampfhaft versucht werden, fehlendes Tempo und Rotation auszugleichen oder ein neuer Ansatz gewählt werden: Den der Mittelmäßigkeit.